Ab 01. Juli 2011 sind alle Arbeitgeber verpflichtet, die bisherigen papiergebundenen Verdienstbescheinigungen maschinell bzw. elektronisch durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels maschinell erstellter Ausfüllhilfen an die Leistungsträger der Sozialversicherung (z. B. Krankenkasse, Rentenversicherungsträger) zu übermitteln. In der Praxis dürften insbesondere die Bescheinigungen für die Krankenkassen zur Ermittlung des Krankengeldes betroffen sein. Die Pflicht zur elektronischen Datenübermittlung betrifft u.a. auch folgende Bescheinigungen:
- Kinderpflege-Krankengeld,
- Mutterschaftsgeld,
- Übergangsgeld.
Die Datenübermittlung wird an die bereits bestehenden Meldevorschriften nach der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) angebunden.
Auch Anfragen zu Vorerkrankungen sind ab 1. Juli 2011 nur noch im elektronsichen Datenaustausch möglich. Die Antwort erfolgt ebenfalls über diesen Weg.
Rechtsgrundlage für das elektronische Verfahren ist der (neue) § 23c Abs. 2 SGB IV:
„Sind zur Gewährung von Krankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder Mutterschaftsgeld Angaben über das Beschäftigungsverhältnis notwendig und sind diese dem Leistungsträger aus anderem Grund nicht bekannt, sind sie durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachzuweisen. Der Arbeitgeber hat dem Leistungsträger diese Bescheinigung durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels maschinell erstellter Ausfüllhilfen zu erstatten. Den Aufbau des Datensatzes, notwendige Schlüsselzahlen und Angaben bestimmen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesagentur für Arbeit und die Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger in Gemeinsamen Grundsätzen. Die Gemeinsamen Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit; die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist anzuhören.“
Identifizierung und Schlüsselzahlen
Die Arbeitgeber erstatten die Mitteilungen unter Angabe der Versicherungsnummer. Jeder Versicherungsträger verwendet zur Verarbeitung der Mitteilungen sein eigenes Ordnungskriterium. Die Versicherungsnummer soll insbesondere nicht genutzt werden, um Dateien danach zu ordnen oder für den Zugriff zu erschließen.
Schlüsselverzeichnis (Auszug!) „Abgabegründe Entgeltbescheinigungen und Vorerkrankungen“
01 | Entgeltbescheinigung KV bei Krankengeld |
02 | Entgeltbescheinigung KV bei Kinderpflege-Krankengeld |
03 | Entgeltbescheinigung bei Mutterschaftsgeld |
04 | Entgeltbescheinigung KV bei Versorgungskrankengeld |
41 | Anforderung Vorerkrankungsmitteilungen |
51 | Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen (§ 23c SGB IV) |
61 | Vorerkrankungszeiten KV |
Für die Datenübertragung zwischen Arbeitgebern und Sozialversicherungsträgern sind die „Richtlinien für den Datenaustausch im Gesundheits- und Sozialwesen“ in der jeweils geltenden Fassung zu beachten.
Die Datenannahmestellen der gesetzlichen Krankenkassen haben einen sogenannten „Abrufserver“ eingerichtet, der unter dem Namen „GKV-Kommunikationsserver“ geführt wird. Die Arbeitgeber erhalten ab dem 01.07.2011 Rückmeldungen nur noch über diesen „Abrufserver“ (GKV-Kommunikationsserver).
Fristen
Der Meldesatz ist vom Arbeitgeber 5 Arbeitstage vor dem 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit (einschließlich anrechenbarer Vorerkrankungen) auszulösen, bei einer Leistung zur Teilhabe mit Entgelteinstellung kurz vor deren Beginn.
Stornierung von Meldungen
Wenn die Mitteilung nicht zu erstatten war, bei einem falschen (unzuständigen) Sozialversicherungsträger erstattet wurde oder nicht ausreichende Angaben enthielt, ist die Meldung zu stornieren.
Verarbeitungsbestätigung
Die Datenannahmestelle der Krankenkasse bestätigt dem Absender der Datenlieferung die Datenannahme (Eingangsbestätigung). Sie prüft die Daten auf Plausibilität. Der Absender der Datenlieferung erhält eine Verarbeitungsbestätigung mit dem Ergebnis der Plausibilitätsprüfung. Verarbeitungsbestätigungen werden dem Ersteller der Datei ab 01.07.2011 ausschließlich per „Abrufserver“ 1 zugestellt. Der Ersteller der Datei kann durch entsprechende Kennzeichnung im Datensatz Kommunikation (DSKO) auf die Übermittlung von positiven Verarbeitungsbestätigungen verzichten. Auf die Zustellung einer negativen Verarbeitungsbestätigung (die Datei enthält fehlerhafte Datensätze bzw. -bausteine) kann dagegen nicht verzichtet werden. Fehlerhafte Datensätze und -bausteine sind zu korrigieren und erneut zu übermitteln. Falls eine Korrektur der Datensätze und -bausteine nicht möglich ist, sind die Mitteilungen mittels maschineller Ausfüllhilfen (sv.net) zu erstellen.
Datenübertragung an Arbeitgeber – Rückmeldung der Leistungsstellen
Die Mitteilungen der Krankenkassen sowie der Renten- und Unfallversicherungsträger werden dem Ersteller der Daten ab 01.07.2011 ausschließlich per „Abrufserver“1 zur Verfügung gestellt (siehe oben, Verarbeitungsbestätigung). Der Arbeitgeber übernimmt die Mitteilungen in sein Entgeltabrechnungsprogramm. Eine Übermittlung der Mitteilungen in Papierform ist nicht vorgesehen. Die Mitteilungen an den Arbeitgeber werden separat von den Fehlerrückmeldungen an den Ersteller der Daten übermittelt.
Darstellung eines möglichen Ablaufes
- Vorerkrankungszeiten anfordern
Wenn der Beschäftigte in den letzten 6 Kalendermonaten bereits wiederholt arbeitsunfähig erkrankt ist, hat der Arbeitgeber zu ermitteln, ob überhaupt noch Anspruch auf die volle Entgeltfortzahlung (42 Kalendertage) besteht. Mittels der elektronischen Entgeltmeldung wird unter Angabe der Schlüsselzahl „41“ eine Vorerkrankungsmitteilung bei der zuständigen Krankenkasse angefordert. - Vorerkrankungsmitteilung
Die maschinell gestellte Vorerkrankungsanfrage wird mit dem Meldeschlüssel „61“ per Datenübermittlung beantwortet. Es können folgende Informationen enthalten sein:- keine anrechenbare Zeiten
- es liegen anrechenbare Zeiten vor
- Anrechnung der Arbeitsunfähigkeit ist in Prüfung
- eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung liegt nicht vor
- Erstellen der Verdienstbescheinigung
Der Arbeitgeber hat die Entgeltbescheinigung mit dem Schlüssel „01“ (Entgeltbescheinigung KV bei Krankengeld) 5 Arbeitstage vor dem 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit zu übermitteln. Eventuell zu berücksichtigende Vorerkrankungszeiten sind bei der Fristberechnung zu beachten. In der Mitteilung sind die gleichen Angaben wie im bisherigen manuellen (Papier)Verfahren enthalten. - Höhe der Entgeltersatzleistung
Hat der Arbeitgeber in der elektronischen Bescheinigung angegeben, dass Arbeitsentgelt ganz oder teilweise weitergewährt wird, erhält der Arbeitgeber mit dem Meldeschlüssel „71“ die Höhe der Entgeltersaztleistung von der Krankenkasse mitgeteilt. Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber im Datensatz DSLW (Datensatz Leistungswesen) um eine Rückmeldung der Entgeltersatzleistung gebeten hat. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn der Arbeitgeber aufgrund arbeitsrechtlicher Vorschriften die Höhe des Brutto-/Nettokrankengeldes braucht, um den Zuschuss zum Krankengeld ermitteln zu können. - Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen (i.S.d. § 23c SGB IV)
Der Arbeitgeber hat der Krankenkasse die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen mitzuteilen., sofern die Leistungen des Arbeitgebers (z.B. Zuschuss zum Krankengeld, weitergewährte geldwerte Vorteile etc.) das Vergleichs-Nettoarbeitsentgelt um mehr als 50 Euro übersteigt. Ist das gewährte Arbeitsentgelt beitragsfrei, hat der Arbeitgeber die Krankenkasse auch zu informieren (mit dem Wert 0), damit die Auszahlung der Entgeltersatzleistung (in unserem Beispiel das Krankengeld) ungekürzt erfolgen werden kann. Die Meldung ist mit dem Schlüssel „51“ (Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen § 23c SGB IV) abzusetzen.
Probleme in der Praxis
Der Rückmeldung zu den Vorerkrankungsanfragen kommt eine große Bedeutung zu. Nur so kann die Entgeltabrechnung die korrekte Dauer der Entgeltfortzahlung ermitteln. Die Praxis zeigt jedoch, dass gerade diese Rückmeldungen von den Krankenkassen nicht „ordentlich“ bearbeitet werden. Entweder kommen die Rückmeldungen der Kassen gar nicht oder erheblich verspätet an die Arbeitgeber zurück. Nicht selten hat der Arbeitnehmer seine Krankmeldung noch gar nicht an seine Krankenkasse weitergeleitet, so dass der Arbeitgeber lediglich die Information „eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung liegt nicht vor“ erhalten kann.
Bitte um Mithilfe
Bitte teilen Sie mir IHRE Erfahrungen mit dem neuen Verfahren der elektronischen Verdienstbescheinigung über das Kontaktformular meiner Homepage mit. Interessant wäre beispielsweise zu erfahren, welche Krankenkasse/n EDV-technisch bereits so weit sind, die erforderlichen Daten hinsichtlich Pünktlichkeit und Qulität an die Arbeitgeber zu liefern und welche Kasse/n diesbezüglich Probleme haben.
Aus dem Inhalt (Auszug): der § 23c SGB IV in der Praxis / beitragspflichtige Einnahmen i.S.d. § 23c SGB IV / Zuschüsse des Arbeitgebers zu Lohnersatzleistungen / Gesamtbrutto auf der Entgeltabrechnung vs. Gesamtbrutto im Sinne von ELENA (elektronischer Entgeltnachweis) / Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit – die 6 und 12-Monats-Frist / Beitragszuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung: Unterscheidung der Bescheinigung nach § 257 SGB V und Unterschied zur (steuerlichen) Bescheinigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG für den Vorsorgeaufwand / Auswirkung des Beitragszuschlages zur Pflegeversicherung auf die Höhe der Lohnsteuer.
Bei Interesse setzen Sie sich bitte telefonisch oder über das Kontaktformular meiner Homepage mit mir in Verbindung. Ich freue mich auf Ihre Anfrage.
Hinweis:
Dieser Artikel dient lediglich der allgemeinen Information. Eine Rechtsberatung liegt nicht vor.