Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen zur privaten Nutzung, entsteht ein geldwerter Vorteil, weil der Arbeitnehmer Kosten für einen eigenen Pkw spart (vgl. § 2 Abs. 2 S. 2-5 EStG). Aus dieser Vorschrift ergeben sich zwei grundsätzliche Berechnungsverfahren:
- Pauschalwertmethode
- Einzelnachweis/Fahrtenbuchmethode.
Bei der Pauschalwertmethode errechnet sich der geldwerte Vorteil prozentual aus dem Bruttolistenpreis des Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Erstzulassung, und zwar
- 1 % monatlich für die reinen Privatfahrten und
- 0,03 % monatlich je Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug auch hierfür zur Verfügung steht.
Immer wieder für Streit – in mehreren Fällen bis hin zum Bundesfinanzhof (BFH) – sorgte die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung, unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Fahrten zur regelmäßigen Arbeitsstätte die 0,03 %-Regel anzuwenden.
Beispiel mit folgenden Grunddaten:
Bruttolistenpreis zum Zeitpunkt der Erstzulassung = 35.000 €, Entfernung Wohnung – regelm. Arbeitsstätte = 95 Km, Anzahl der Fahrten = 1 x wöchentlich (somit 4 x monatlich)
Fiskus (bisher) | BFH | |
Nutzungswert für Privatfahrten – 1 % von 35.000 € | 350,00 € | 350,00 € |
Pauschaler Zuschlag Wo. – regel. Arb.stätte – 35.000 € x 0,03 % x 95 Km – 35.000 € x 0,002 % x 95 Km x 4 Fahrten | 997,50 € | 266,00 € |
Monatlich zu versteuernder geldwerter Vorteil ergibt jährlich: | 1.347,50 € 16.170,00 € | 616,00 € 7.392,00 € |
Die Finanzverwaltung hatte durch einen Nichtanwendungserlass vom 23.10.2008 die Anwendung der BFH Rechtsprechung (BFH Urteil vom 4.4.2008), nach der sich der Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach der Anzahl der im Monat tatsächlich durchgeführten Fahrten richtet (siehe Beispiel oben), abgelehnt.
Mit den Urteilen vom 22. September 2010 (VI R 54/09, VI R 55/09, VI R 57/09) hatte der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsauffassung bestätigt, dass die 0,03 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 S. 3 EStG) nur einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug darstellt. Nur die mögliche Nutzung reicht aus Sicht des BFH für die Anwendung der 0,03 %-Regelung nicht aus.
Zur Ermittlung des Zuschlages für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten mit 0,002 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer möglich, was der bisherigen Verwaltungsauffassung widerspricht (siehe Beispiel oben).
Mit BMF-Schreiben vom 1. April 2011 wurde nun die BFH-Rechtsprechung für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2010 in allen offenen Fällen im Veranlagungsverfahren für anwendbar erklärt. Der für Lohnzahlungszeiträume bis einschließlich 2010 vorgenommene Lohnsteuerabzug ist nicht zu ändern. Ab 2011 sind die Grundsätze des BFH sowohl für das Lohnsteuerabzugs- als auch für das Veranlagungsverfahren anwendbar.
Grundsatz:
Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist der Arbeitgeber nicht zur Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte verpflichtet. Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, im Lohnsteuerabzugsverfahren nur die kalender-monatliche Ermittlung des Zuschlags mit 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (0,03 %-Regelung) vorzunehmen, z. B. die Gestellung des betrieblichen Kraftfahrzeugs an die Anwendung der 0,03 %-Regelung zu binden (vgl. BMF-Schreiben Rz. 5).
Allerdings ist die Einzelbewertung (0,002 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer x Anzahl der Fahrten) im Lohnsteuerabzugsverfahren zulässig, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Der Arbeitnehmer erklärt monatlich schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber, an welchen Tagen er den Dienstwagen für Fahrten zur Arbeitsstätte genutzt hat. Die bloße Angabe von Tagen reicht nicht aus. Die Erklärung ist zum Lohnkonto zu nehmen. Aus Vereinfachungsgründen können auch die Angaben des Vormonats genutzt werden.
- Der Arbeitgeber hat die Angaben dem Lohnsteuerabzug zugrunde zu legen, soweit nicht erkennbar unrichtige Angaben gemacht wurden. Eine Ermittlungspflicht des Arbeitgebers besteht nicht.
- Wird eine Einzelbewertung vorgenommen, hat der Arbeitgeber eine jahresbezogene Begrenzung auf insgesamt 180 Tagen vorzunehmen. Eine monatliche Begrenzung auf 15 Tage ist ausgeschlossen. Hierzu findet sich im BMF-Schreiben – unter der Randziffer 11 – ein ausführliches Beispiel.
Hat der Arbeitgeber bisher im Lohnsteuerabzugsverfahren 2011 die 0,03 %-Regelung angewandt, kann er abweichend von Randziffer 6 Satz 2 (= Verbot, die gewählte Methode – 0,03 % bzw. 0,002 % während des Kalenderjahres zu wechseln) während des Kalenderjahres 2011 zur Anwendung der BFH-Rechtsprechung übergehen. Die Methode darf während des Kalenderjahres 2011 nicht erneut gewechselt werden. Die in Rdnr. 11 Satz 1 vorgesehene Begrenzung auf 180 Tage ist für jeden Kalendermonat, in der die 0,03 %-Regelung angewandt wurde, um 15 Tage zu kürzen.
Das vollständige BMF-Schreiben zur „lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3)“ finden Sie —> hier.
Hinweis:
Dieser Artikel dient lediglich der allgemeinen Information. Eine Steuerberatung liegt liegt nicht vor.